Vor ein bis zwei Wochen konnte man den Preisanstieg der Karte Zauberchronik beobachten. Auf amerikanischen Seiten boten die Spieler bis zu 8 Dollar für die Karte. Auf ebay bekam man

http://www.ebay.com/itm/Spell-Chronicle-PTDN-EN050-NM-Playset-1st-Edition-/181511168456?pt=Trading_Card_Games_US&hash=item2a42e8a1c8">mindestens 8 Dollar für ein Playset.. Wenn man sich den Effekt der Karte durchliest, fragt man sich natürlich, wie das geschehen konnte. Die Karte ist ziemlich alt und war bisher – ausgenommen von dem Frühe Saat-OTK-Deck – ziemlich nutzlos. Doch aus irgendeinem Grund fingen viele Spieler nun an, diese Karte einzukaufen. Doch warum ist das passiert und was sagt das über unsere Community aus? Im Folgenden möchte ich euch meine Gedanken zu einem sehr interessanten Experiment darlegen, das sehr viele Fakten über die Community offenbart


Die Hintergrundgeschichte


Zauberchronik lag bei vielen Spielern jahrelang in Boxen oder Tins herum. Die meisten Spieler werden sich diese Karte sicher nicht einmal richtig durchgelesen haben, als sie sie erblickt haben. Aus diesem Grund war es sehr überraschend, als einige amerikanischen Profispieler diese Karte erwähnten. Dabei war besonders ein Facebookeintrag des Spielers Jeff Jones für die rasante Preisentwicklung wichtig. Diese Spieler erzählten, dass es eine ganz starke neue Kombo gäbe, die diese Karte im Burning-Abyss-Deck sehr stark machen würde. Diese Entwicklung wurde dadurch gestärkt, dass einige Youtubekanäle – zum Beispiel NoLimitGaming oder Mkohl40 – Videos zu der Karte erstellten. Aus diesem Grund fingen daraufhin viele Spieler an, sich über diese Karte zu unterhalten und diese auch zu kaufen. Schnell stieg der Preis der Karte extrem an. Auf diversen Plattformen entfachten auch Diskussionen, in welchen Decks man diese Karte benutzen könnte. Einige Spieler erkannten dabei, dass die Karte einfach zu schwach ist, um sie kompetitiv zu benutzen, da ein guter Spieler sich an die Karte anpassen kann und sie am Ende einfach zerstören wird. Außerdem ist sie für das derzeitige Format viel zu langsam.


Trotzdem versuchten immer noch sehr viele Spieler herauszufinden, in welchen Decks Zauberchronik nun so stark sein könnte. Einige glaubten sogar, dass die Karte im Shadoll-Deck spielbar ist. Schlussendlich löste sich dann das Experiment auf, weil immer mehr Spieler die Karte testeten und sahen, dass sie nicht wirklich brauchbar ist. Zusätzlich posteten auch einige bekanntere Spieler, dass der Hype um die Karte nur ein Experiment gewesen sei. Es wurde also relativ schnell aufgelöst. Trotzdem konnten viele Händler einige Kopien der Karte überteuert verkaufen.

Doch was ist hier eigentlich genau passiert?


Die Macht des Respekts


Die Grundthematik ist schnell erklärt: Es gibt in der Community einige wenige Spieler, dessen Gedanken über das Spiel aus bestimmten Gründen anerkannt sind. Entweder sind es erfolgreiche Spieler, die schon mehrere Turniere gewonnen haben oder es sind große Youtuber, die eine gewaltige Fanbase besitzen. Die Macht wird von diesen Leuten nur sehr selten eingesetzt. Manchmal veröffentlichen sie Decklisten, die daraufhin von vielen Spielern kopiert werden, aber wirkliche Machtausübung sieht man eher selten. Trotzdem zeigt das Netdecken alleine schon, dass die Community von einigen wenigen Spielern bestimmt wird. Sie bauen Decks, die viele andere Spieler kopieren, da sie auch erfolgreich sein wollen.


Nun wurde also eine Karte vorgestellt, die die meisten Spieler nicht kannten. Da sie – aufgrund des Netdeckens – nur noch selten selber über Kombos nachdenken müssen, konnten sie nicht erkennen, warum Zauberchronik nun gut sein sollte. Da aber die Profispieler erzählten, dass die Karte so stark ist, kauften sich viele Spieler die Karte sofort, da sie glaubten, dass diese Kombo wirklich existiert. Da niemand genau wusste, um welche Kombo es sich handelt, mussten sie nun selber herusfinden, ob es funktioniert. Obwohl viele Spieler relativ schnell erkannten, dass die Karte meistens nutzlos ist, wollte kaum jemand glauben, dass diese Kombo nicht existiert. Es wurden viele abstruse Ideen kreiert, da sie den Worten ihrer Vorbilder immer noch Vertrauen entgegenbringen wollten. Das bedeutet also, dass die Spieler glaubten, dass diese Profispieler stärker sind und dadurch Kombos entdecken könnten, die sie selber nicht gefunden haben. Weil diese Spieler aber immer die stärksten Decks spielen wollten, mussten sie nun die Karte kaufen, um sie noch für einen vernünftigen Preis zu bekommen. Doch ist die Spielbarkeit wirklich der einzige Grund, warum die Karte gekauft wurde?


Money, Money, Money?


Natürlich spielt das Geld – wie in fast jeder Entwicklung im Kartenspiel – eine extrem wichtige Rolle. Wenn man einige Zeit zurückdenkt, erinnert man sich eventuell an die Goyowächter-Geschichte. Eine relativ glaubwürdige Quelle versicherte, dass Goyowächter wieder erlaubt werden würde. Daraus folgte, dass viele Spieler ganz viele Kopien der Karte kauften, um nach dem Erscheinen der neuen Liste wieder verkaufen zu können. Sie waren sich sicher, dass er wiederkommt und daraufhin im Preis stark ansteigen wird. Kaum jemand dachte daran, dass die Informationen falsch sein könnten. Und auch wenn die Quelle unglaubwürdig gewesen sein würde, wäre die Investition relativ gering, wenn man berechnet, wie hohe Gewinne man einfahren könnte. Natürlich wurde Goyowächter nicht wieder erlaubt und viele Spieler blieben auf ihren Karten sitzen. Eine ähnliche Entwicklung passierte nun im Zauberchronik-Experiment.


Die Spieler sahen, dass die Karte fast wertlos war und kauften daraufhin viele Kopien. Dadurch, dass die Nachfrage so sehr anstieg, konnten die Händler nun die Karte auch teurer verkaufen. Die Spieler sahen also, dass der Preis der Karte immer höher wurde und bekamen dadurch noch einmal die Bestätigung, dass die Karte wirklich spielstark ist und man sie unbedingt kaufen sollte. Einige gewiefte Spieler dachten sich dann aber auch, dass ein bis zwei Dollar immer noch sehr wenig Geld für eine Kopie einer so spielstarken Karte sind – besonders wenn man sie mit Leere der Eitelkeit vergleicht. Sie waren sich also sicher, dass sie Profit daraus schlagen können, weil sie relativ zeitnah von der neuen Kombo erfahren haben.

Doch was hat uns das Experiment eigentlich gebracht?


Schlussfolgerungen


Natürlich gab es einige Spieler, die sich hinterher über diese Aktion aufregten. Beispielsweise wurde behauptet, dass die Profispieler nur ihre Macht missbrauchten, um Karten verkaufen zu können. Denn die einzigen wirklich sichtbaren Nutznießer des Experiments waren die Spieler, die ihre Zauberchroniken verkaufen konnten. Meistens werden das Händler gewesen sein, die sehr viele Kopien der Karte hatten und auch schnell auf die Preisänderungen reagieren konnten.

Wenn man etwas um die Ecke denkt, könnte man aber auch sagen, dass jedes einzelne Mitglied der Community wichtige Erkenntnisse aus diesem Experiment gewonnen hat. Ein Yu-Gi-Oh!-Spieler sollte lernen, nicht zu leichtgläubig zu sein, um in der Szene bestehen zu können. Natürlich ist es sehr wichtig, sich über die neuesten Trends zu informieren, damit man seine Karten zu vernünftigen Preisen kaufen kann, aber man sollte nicht jedem Hype folgen, sondern gründlich darüber nachdenken, warum es diesen Hype wirklich gibt. Nummer 11: Großes Auge wurde beispielsweise sehr viel teurer, da die Drachenherrscher seine Beschwörung extrem vereinfachten. Doch warum sollte Zauberchronik nun teurer werden?


Es ist – meiner Meinung nach – nicht verwerflich, sich Deckideen aus dem Internet zu besorgen, aber auch Spieler, die kein großes Talent dafür haben, eigene Decks zu bauen, sollten sich immerhin über die Gründe im Klaren sein, warum man bestimmte Karten im Deck spielt. Jede einzelne Karte wird dabei meistens einen besonderen Grund haben, der den Platz im Deck rechtfertigt. Sollte es nun aber keinen Sinn ergeben, die Karte zu spielen, ist es sinnlos, sie in sein Deck zu integrieren. Wenn man nun also zu dieser Schlussfolgerung kommt, sollte man seinem eigenen Gefühl vertrauen und nicht unbedingt auf die Meinungen von den Profispielern hören.


Die Moral


Eine letzte Frage, die sich stellt ist nun die moralische Frage: „Sollte ich solche Situationen ausnutzen?“. Jemand, der nun genau weiß, dass die Karte nicht besonders gut ist, steht also vor der Frage, ob er die Unwissenheit anderer Spieler ausnutzen soll. Genau dieses Problem stellt sich einem Yu-Gi-Oh!-Spieler nicht nur in dieser Situation, sondern relativ häufig, da ein Gewinn in einem Tausch nur zustande kommen kann, wenn die Tauschpartner unterschiedliche Informationen haben. Diese Situationen unterscheiden sich aber noch von der Zauberchronik-Geschichte, da Spieler in Tauschgeschäften natürlich wissen, welche Karte sie warum haben möchten. Sie werden am Ende des Tausches höchstwahrscheinlich trotzdem zufrieden sein, da sie die Karte bekommen haben, die sie brauchten.

Wenn man nun aber genau weiß, dass der Hype um Zauberchronik eine soziales Experiment war, betrügt man absichtlich einen Spieler, an den man diese Karte verkauft, da man weiß, dass er in einigen Tagen unglücklich mit der Karte sein wird. Auf der anderen Seite kann man diesen Spielern mit dem Verkauf auch einen Gefallen getan haben, da sie in Zukunft nun besser aufpassen werden.


Kann so etwas nochmal passieren?


Ich glaube, dass in einigen Monaten eine ähnliche Situation noch einmal Erfolg haben könnte. Ein sehr guter Fake (beispielsweise durch ein Deckprofil auf Youtube) würde die Spieler glauben lassen, dass die Karte wirklich spielstark ist. Wie damals bei Goyowächter werden die Spieler wieder versuchen, ihre Karten relativ billig zu bekommen.

Habt ihr von diesem Experiment etwas mitbekommen oder habt ihr sogar selber einigen Karten gekauft? Was waren eure Gründe? Was haltet ihr von der Idee des Experimentes? Glaubt ihr, dass es schädlich für die Community war, oder habt ihr sogar gelacht? Und glaubt ihr, dass ein ähnliches Experiment noch einmal funktionieren könnte? Über einige Antworten würde ich mich sehr freuen.

Antworten 16

  • Super artikel :)


    Ich selbst habe erst gerade von diesem experiment erfahren, allerdings weiß ich jetzt, weshalb ein spieler aus meinem kartenladen 20 exemplare in seinem tauschordner hatte. Als ich die karte das erste mal sah, wusste ich nämlich nichts damit anzufangen :D

  • Ehrlich gesagt als ich den Effekt dieser Karte zum ersten mal durchgelesen habe dachte ich mir nur noch "WTF !!! Wo zum Teufel soll das gut sein, und das Spiel beschleunigen ???", aber dann wo du im Artikel erwähnt hast dass es ein Experiment war, sowie das änliche Wiederholungen möglich wären fällt mir noch eine Phrase ein welche viele Spieler sich eintweder stellen oder stellen werden:


    "Fool me once, shame on you, fool me twice, shame on me !!! "


    :verschwoerung:
    http://www.phrasen.com/ueberse…-shame-on-me,89459,e.html

  • Hab das mitbekommen und in meine Scrap Kiste geschaut.
    Da hab ich dann ein Haufen Exemplare gefunden und mir gedacht, was fürn Schwachsinn, die kann nix.
    Den Preis auf Kartenmarkt hab ich nicht verfolgt, aber ist ja schon bescheuert, wie wenig Leute über das Nachdenken, was sie da spielen wollen...


    Guter Artikel btw.

  • Alleine schon der erste Satz :D
    "Lege alle Karten von deiner Hand auf dem Friedhof" klingt schon mies, das bringt sogar im Finsteren Welt Deck nichts
    Kanns ja verstehen das anfänger darauf reinfallen und einfach die Karte haben wollen aber erfahrene Spieler sollten sich schämen :dozey:
    Der Artikel ist sehr gut geschrieben, tolle Arbeit :ausgezeichnet:

  • Umso trauriger, dass die Karte mit Begründungen auch hier im Forum als testenswert betrachtet wurde.


    Alles in allem nette Zusammenfassung über die Karte.

  • Quellenangaben wären nice gewesen ...

  • Ihr solltet ein Cardrating zu der Karte machen :klatsch:

  • Ihr solltet ein Cardrating zu der Karte machen :klatsch:


    Vorschlag angenommen^^


    MfG
    ~Pfannkuchen~

  • In der Letzten Zeit ist das mit den Amerikanern eh so eine Sache...


    Ich verfolge die Trends der letzten paar Wochen und teilweise muss man sich echt an den Kopf fassen, wie jetzt alle möglichen Leichen (besonders aus Starstrike Blast) ausgegraben werden und im Preis explodieren. Ein Beispiel D2 Schild, eine Karte die zu 95% nur im Super Heavy Samurai Sinn macht und dort jetzt teils im zweistelligen Dollarbereich gehandelt wird, vorher eine Crap-Super für gerade mal 50 Cent, wenn überhaupt...


    Die haben da echt krasse Hypetrains zur Zeit.

  • Vllt sollten wir ein ähnliches mit Tausendäugiger Abgott machen.


    Hätte auf jeden Fall mehr Style als Spell Chronicles.

    Zitat

    Ein böses Wesen, das die Herzen der Menschen kontrolliert. Seine
    tausend Augen können die negativen Einflüsse in der Seele einer Person
    sehen und verstärken.

    Ich meine der Text der Karte ist halt hammer stark...weil...einfach so. Tausend Augen. herzen der Menschen. Er ist Amor und NSA in einem.
    Hammer stark und voll unterschätzt.
    Just for the heck of it.

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