Die deutsche Meisterschaft steht vor der Tür und ich möchte mich auf dieser wie ein richtiger „Progamer“ verhalten! Wenn ich auf der Meisterschaft antanze, sollen doch alle wissen, dass ich ein extrem starker Spieler und zusätzlich ein cooler Typ bin. Doch wie schaffe ich das? Auf meinen bisherigen Turnieren wurde ich eher belächelt und nicht besonders ernst genommen, dabei weiß ich, dass ich der nächste Star im Yu-Gi-Oh!-Himmel sein kann – doch wie soll das funktionieren, wenn mich niemand ernst nimmt? Wenn ich nicht zeige, was ich habe, macht es mir doch gar keinen Spaß, das Spiel überhaupt zu spielen!

Genau diese Gedanken hat doch sicher jeder Yu-Gi-Oh!-Spieler schon einmal gehabt. Im folgenden Artikel möchte ich euch auf eine kleine Reise und meine persönliche Vorbereitung für die deutsche Meisterschaft mitnehmen, sodass ihr euch auch früh genug auf die Meisterschaft einstellen könnt.


Die Planung


Ganz wichtig ist mir - als angehender Topstar der Szene - natürlich mein äußeres Auftreten. Es wäre doch nicht auszuhalten, wenn ich auf der großen Bühne nach meinem Triumph stehe und nicht durch meine Klamotten zeigen kann, wer ich bin. Außerdem soll niemand von mir denken, dass ich ein „Hartzer“ bin oder noch bei Mutti wohne. Also muss ich mich schnell informieren welche Klamotten mich zum heißesten Typen auf dem ganzen Turnier machen lassen. Die Auswahl fällt mir dabei wirklich nicht einfach, doch der Ed-Hardy-Shop scheint die beste Wahl zu sein. Diese Klamotten repräsentieren einfach meinen Lifestyle. Natürlich kauf ich mir auch gleich die beste Cap – machen die Rapper schließlich auch alle.

Doch möchte ich nicht nur geil aussehen, auch meine Accessoires müssen passen. Eine richtig stylische Tasche habe ich natürlich schon gekauft, doch wirklich ernst genommen werde ich erst, wenn ich mir auch einen 200 Euro-Taschenrechner mit passendem Schutzcase kaufe. Ich kann diese Leute nicht verstehen, die ihre Lebenspunkte nur auf Zetteln notieren – wollen die etwa zeigen, dass die nicht einmal genug Geld für vernünftiges Equipment haben? Außerdem darf natürlich mein neues iPhone nicht fehlen. Es ist einfach das beste Handy, das ich jemals hatte. Zu dem iPhone muss ich mir auch noch die neusten Beats by Dr. der Kopfhörer besorgen, auch wenn ich auf dem Turnier eh keine Zeit zum Musikhören habe. Auch hier geht es natürlich nur um die Außenwirkung. Nachdem ich mir alle Klamotten besorgt habe, fühle ich mich aber immer noch nicht so richtig bereit.

Wenn ich mir mein Deck so anschaue, bemerke ich, dass etwas fehlt, was alle anderen Topspieler haben: das Glitzern. Schauspieler kaufen sich teure Autos, Fußballspieler haben die teuersten Fußballschuhe und Yu-Gi-Oh! Spieler, die etwas auf sich halten, haben glitzernde Decks. Aus diesem Grund kann ich meine erste Wahl – Chain-Burn – gar nicht spielen, denn dieses Deck ist mir viel zu billig. Ich muss mir also vor dem Turnier noch schnell alle Karten in die höchste Seltenheitsstufe umtauschen lassen. Das eigentliche Problem dabei ist ja, dass ich mein Deck erst kurz vor Start des Turniers baue. Geschlafen wird vor dem Turnier natürlich auch nicht, denn wie sieht es denn aus, wenn alle anderen von ihren durchgemachten Nächten erzählen und ich wie ein Weichei wirke, das geschlafen hat? Doch wie kann ich das alles bezahlen?


Das Geld


Diese ganzen Anschaffungen sind natürlich nicht besonders billig und auch wenn ich es nicht gerne zugebe, habe ich doch Probleme damit, das ganze Geld für diese Sachen aufzutreiben. Die einfachste Möglichkeit bietet sich zum Glück in dem Laden meiner Stadt hier. Immer wieder verirren sich Noobs und Kinder hierher. Diese Leute brennen nur so darauf, mir ihren Tauschordner zu zeigen, damit ich mir meine perfekte Deutsche Meisterschaft leisten kann. Also muss ich nur auf diese Leute einreden und bekomme so fast alle Karten, die ich brauche. Falls sie nicht alle Karten haben, kann ich immerhin genug Plus schieben, um mir die Karten anders besorgen zu können.

Einige Karten muss ich mir leider auch Online bestellen, doch durch Paypal ist dies ja auch kostenlos geworden.

Als nächste Anlage kaufe ich mir außerdem 50 Goyowächter. Er muss einfach zurückkommen. Mit meinen neuen Karten kann ich also nun endlich zum Turnier gehen.


Das Turnier


Es ist unglaublich wichtig, dass ich mich von den anderen Spielern abhebe. Die meisten Leute hier sind Nerds, die kein Leben haben und genau das bin ich ja nicht. Ich lebe für Parties, habe tausende Freunde auf Facebook und die Frauen laufen mir alle hinterher. Es ist natürlich schwer, dies den anderen Leuten auf dem Turnier zu zeigen. Eine Frau kann ich ja nicht zum Turnier mitnehmen – wenn die sehen würde, womit ich meine Freizeit verbringe, würde sie mich doch auslachen. Ich kann also höchstens von meinen ganzen geilen Sauf- und Frauengeschichten erzählen und muss hoffen, dass die Leute sie mir glauben. Aber durch mein Outfit vermittele ich den anderen Spielern ja schon, was für ein cooler Typ ich bin. Ich sehe also gar kein Problem. Falls dies nicht ausreicht könnte ich mich ja noch oft genug über die ganzen Nerds ohne Leben aufregen und mich über sie lustig machen.

Außerdem muss ich versuchen, Kontakt mit einigen Szenegrößen aufzunehmen. Was bringt es mir, von diesen Nerds akzeptiert zu werden, wenn die wirklich wichtigen Leute mich nicht anschauen? Ich muss es also irgendwie schaffen, mich in eine Gruppe von Progamern einzuschleusen. Glücklicherweise kenne ich einen Spieler von meinen Locals. Wenn ich den anderen nun beweise, was für dicke Kumpels wir sind, werden sie mich sicher gleich akzeptieren. Dadurch ist mir der Respekt der anderen Randoms sicher.

Meine großen Tauschordner will ich auch jedem zeigen. Zum Glück ist nicht viel Kommunikation notwendig, denn mit den ganzen Noobs will ich mich gar nicht unterhalten. Ein. „Hast du Tauschkarten?“ sendet schon genau die richtigen Signale an meinen Gegenüber. Neben der Begrüßung sollte ich mir aber auch noch ein paar andere Sprachbegriffe aneignen, sodass ich mit den wichtigen Communitymitgliedern reden kann. Ich werde meine Gegner einfach abschmatzen lassen, da nicht einmal ihre Mütter etwas gegen „Döner mit Sauce“ tun können.


Das Spiel


Aber auch mitten im Spiel können Situationen auftreten, auf die ich mich vorbereiten muss: Was wenn so ein schmieriger Nerd versucht, sich mit mir zu unterhalten? Ich meine ich bin doch nun schon ein etablierter Progamer, warum sollte ich mich mit so einem Random unterhalten? Die Leute verstehen leider oft nicht, wo sie hingehören und versuchen sich bestimmte Vorteile zu verschaffen. Doch ich habe gehört, dass man diese Spieler einfach nur beleidigen soll. Ein bisschen Trashtalk und schon ist alles in Ordnung. Und wenn so ein Typ es doch einmal schafft, mich zu besiegen? Ist ja klar, dass der Typ dann ein dreckiger Lucker sein muss. Der hätte den Sieg doch gar nicht verdient, da er eben kein Progamer ist. Glücklicherweise habe ich in letzter Zeit einige Tricks gelernt, mit denen ich mir helfen kann. Es ist doch nur gerecht, wenn am Ende der bessere Spieler gewinnt und das bin nun einmal ich. Durch ein paar wenige Beeinflussungen ändere ich das Ergebnis doch nur so, dass am Ende auch der richtige Spieler weiter kommt.

Übrigens: Was denkt sich mein letzter Gegner überhaupt? Wie kann er nur Magischer Zylinder spielen? Niemand spielt diese Karte und deswegen ist sie doch schlecht. Es ist einfach unglaublich, dass ich fast gegen so einen Spieler verloren hätte, der nicht einmal Ahnung von vernünftigem Deckbau hat. Wenn er sich einmal die erfolgreichen Decks der letzten Turniere anschauen würde, wüsste er, wie man das Bujin-Deck spielt. Diese Bujingi Krähe ist einfach schlecht und jemand, der diese Karte spielt, hat es auch verdient zu verlieren.

Es langweilt mich übrigens sehr, meinem Gegner beim Spielen zuzugucken. Der kann doch eh eigentlich nichts. Glücklicherweise kann ich meine Hand mischen. Es ist immer wichtig, dass niemand sieht, wie ich meine Handkarten sortiere. Je lauter das Mischen ist, desto eher versteht mein Gegner das Signal, dass ich es heute auch sicherlich ganz ernst meine. Wichtig ist auch, dass ich immer weiß, wie viele Karten mein Gegner in der Hand hat. Da ich zu faul zum Zählen bin, frage ich meinen Gegner einfach jede Runde, da das viel einfacher ist. Außerdem möchte ich auch immer wissen, welche Karten in meinem Friedhof liegen. Ich breite meinen Friedhof in jedem Zug mehrere Male vor mir aus, damit ich genau sehen kann, welche Karten sich in ihm befinden. Ich kann zwar oft mit der Information nichts anfangen, weiß aber, dass ehemalige YCS-Gewinner dies auch tun.

Falls wirklich gar nichts klappt, um mich vor der Niederlage zu retten, gibt es immerhin noch zwei legitime Möglichkeiten: Ich kann meinem Gegner eine kleine Spende geben, damit er mich gewinnen lässt, oder ich kann mich mit ihm absprechen, um unentschieden zu spielen. Ein Unentschieden könnten ja beiden Spielern weiterhelfen und in manchen Situationen muss auch ich mich dazu erbarmen. Yu-Gi-Oh! ist leider immer noch ein Glücksspiel.


Nun seid ihr dran!


Ich hoffe, ich konnte euch zeigen, warum ich der nächste deutsche Meister werden muss. Wenn jemand etwas anderes sagt, hat er keine Ahnung von dem Spiel. Ich verkörpere den perfekten Yu-Gi-Oh! Spieler und möchte, dass dies gewürdigt wird. Im Gegensatz zu irgendwelchen One-Hit-Wondern werde ich mich dann auch im Zirkus der Großen festsetzen und ihn niemals verlassen. Jeder, der das Gegenteil behauptet, kann ja gerne herkommen und mit mir um Karten spielen! Ich habe keine Angst.

Ich hoffe ihr seht das genauso.

(Ich wollte mit dem Artikel natürlich niemanden angreifen. Jeder Spieler wird einige seiner Eigenschaften hier wiederfinden. Dies muss nicht schlecht sein, sondern beweist nur einmal, dass wir alle irgendwelche Macken haben).

Antworten 35

  • Fand den Artikel unterhaltsam aber nicht so das ich da viel von mitnehmen kann ..... Ich sag mal einen gewissen Anspruch an sich selbst haben viele fuer turniere und das die Leute auf ihre optik achten bei turnieren bzw hygiene bemerke ich auch als sehr unter schiedlich . Und Leute die trash talk betreiben und kids abziehen wirds auch zu meinem bedauern weiter geben solange das werte Hobby kohle bringt und kostet ;)


    Und einer der Faktoren dem ich yugioh Events als positiv abgewinne ist das Menschen aller art sich in diesem Hobby wiederfinden in bezug zu den angesprochenen nerds ;)


    Ich hab die Ironie schon verstanden aber wie gesagt gibt mir dieser Artikel nicht soo viel mit auf dem weg mit der Ausnahme das man sein eigenes verhalten mal selbst kritisch beleuchten sollte


    Dennoch danke fuer den Artikel :)

  • Der Artikel erinnert mich an den alten, faulen und falschen Spruch:


    Nobody is perfect! My name is Nobody!


    Ich habe mich sehr beleidigt gefühlt! Wie kannst Du meinen Werdegang im Spiel so frech und lasterhaft öffentlich beschreiben?!?!?!
    Du kannst von Glück reden, dass ich nicht an die DM komme ... sonst könnte dir deine Mutter auch nicht mehr helfen ...
    Ich versuche mein Glück lieber an der SM und werde noch den einen oder anderen Tipp aus Deinem Artikel mitnehmen (z.B. Ed-HaRdY-StYlE)


    Ich bin und bleibe ein Nobody ;)

  • Wenn ich diesen Artikel lese muss ich unweigerlich an ein, zwei Personen denken XD


    Sehr gut geschrieben, finde den Humor ganz gut, und leider muss man sagen das er mehr Wahrheit enthält als manch einer zugeben will^^

  • Was hat dieser Artikel mit dem Spiel zu tun ?!
    Aussehen und Verhalten helfen dir nicht im Duell gut zu sein.
    Wo ist die Erklärung sich richtig vorzubereiten ?!


    Was willst du denn machen, wenn ein Punk, Emo, Hip Hopper zum Turnier kommen, die würden auch bei ihren styling bleiben.
    Und wie man sich Verhalten sollte gegenüber besser und arrogant, woher hast du so eine Sichtweise.
    Das erklärt mir weder wie ich ein gutes Deck zusammenstelle noch wie ich mich beim duellieren verhalten sollte.


    Mit diesem Artikel erklärt du nur, wie man sich Freunde und gewisse Beliebheit macht aber spielerisch steht nichts da.
    Ich garantiere dir das viele Meister in Europa niemals das getan haben, wie du.
    Wenn ich Bilder sah von einen Meister der trug auch nur normale Kleidung und im Artikel von ihm standen auch nur das er sich normal verhält den Gegner beobachtet und sich gewisse Infos über gewisse Spieler holt.


    Dein Artikel ist nicht gut, es tut mir leid aber damit kann ich nichts anfangen auf einem Turnier.

  • Eggi, das ist ein nicht ernst gemeinter Blick auf sehr viele "Pro"-Spieler (also Spieler, die sich selber als absoluten Vollpro sehen, es aber nicht sind).


    Ich musste doch ein, zwei Mal schmunzeln und fühlte mich ein wenig an souls alte Kolumnen erinnert, wenn auch du nicht so bissig und sarkastisch geschrieben hast^^

  • Klasse Artikel :)
    Einfach toll geschrieben, auch wenn es an einigen Stellen durchaus noch überspitzter hätte dargestellt werden können, damit wirklich alle die Ironie darin verstehen und dich nicht für einen Vollpfosten halten, der sowas ernst meint^^


    Wenn man es allerdings nüchtern betrachtet, ist es schon traurig, wie sehr dieser Artikel bei vielen die Realität widerspiegelt. Als ich angefangen zu lesen, fielen mir sofort 2 Leute ein, die zu fast 90% darauf passen und das hat sich mit Fortschreiten des Artikels nicht geändert...

  • Sehr schön bissig geschrieben, da finden die meisten was über sich. Inhaltlich hat er zwar nicht viel zu bieten (ich meine daraus lernt man wenig), aber er liest sich flüssig und gut.
    Leider spiegelt er wirklich einen Teil der Community und auch nen paar bekannte von mir wieder, aber da ist für jeden was dabei.
    Solche "Pro" gibt es halt immer wieder, die wollen "Plus" machen und gehen auf ihre erste Regional mit dem bescheidenen Ziel des Turniersieges und werden dann in den meisten Runden "weggeluckt". Aber was will man da machen, die lernen nie aus und solange sie nicht sich selbst infragestellen werden sie auch nicht besser. :D
    Alles in allem kein "typischer" Artikel von dir aber ein guter, der einem zwar nichts mit auf den Weg gibt aber einen dazu bringt sich selbst kritisch zu beleuchten wenn man sich selbst wiedererkannt hat.


  • Ich hoffe ja, dass das hier auch Ironie ist.


    Der Artikel war echt gut geschrieben und schön zu lesen.

  • Klasse Artikel xD


    Ich glaube wir finden uns alle in einigen Sachen wieder auch wenn es nur das fragen nach Handkarten ist. :D

  • Super Artikel


    Die Geschichte mit dem Geld und dem Tauschen trifft zu 100 % auf mich zu :D

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